Verena Wolf, Referentin Jugendwohnen bei IN VIA Bayern, nimmt in dem Projekt die Formen der Unterbringung und Begleitung junger Flüchtlinge unter die Lupe. Erste Ergebnisse fasst sie hier zusammen.
Nach dem Start am 1. April 2015 läuft das beim Landesverband IN VIA Bayern e. V. Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit im Referat Jugendwohnen angesiedelte Projekt bereits über ein Jahr lang und hat damit bereits seine Halbzeit erreicht.
Das erste Projektjahr war geprägt von der zum 01.11.2015 startenden bundesweiten Umverteilung der unbegleiteten Minderjährigen nach dem „Königsteiner Schlüssel“. Das Projekt reagierte auf diese Herausforderung mit der Einrichtung einer bundesweiten Netzwerkstelle. Einrichtungen, die junge Flüchtlinge unterbringen und betreuen möchten, erhalten dort Hilfe.
„Wer ein Jugendwohnangebot für die oft traumatisierten Minderjährigen schaffen will, braucht schnelle, pragmatische Antworten“
„Wer ein Jugendwohnangebot für die oft traumatisierten Minderjährigen schaffen will, braucht schnelle, pragmatische Antworten“,weiß Verena Wolf, zuständige Referentin beim IN VIA Landesverband. Sie hat zu den Trägern Kontakte geknüpft und deren Erfahrungen ausgewertet. Von diesem „Schatz“ können nun Organisationen aus ganz Deutschland ohne großen Aufwand profitieren: Ein Anruf genügt und die Erstberatung erfolgt zeitnah durch die IN VIA-Referentin. Sie ordnet die Anfrage ein und vermittelt dann an kompetente Partner aus ihrem Netzwerk, die ihr Know-how weitergeben möchten.
Nach Abschluss des ersten Projektabschnitts ist für die Verantwortlichen aber auch klar, dass mit der Volljährigkeit die Betreuung der Geflüchteten nicht enden darf. „Der Schritt in die Selbständigkeit gelingt ja nicht automatisch“, resümiert IN VIA-Referentin Verena Wolf, „vielmehr brauchen die jungen Menschen nach ihren oft furchtbaren Erfahrungen sicheren Boden unter den Füßen und ein möglichst vertrautes Umfeld.“
Eine sichere und längerfristige Bleibe
Um den Jugendlichen eine sichere und längerfristige Bleibe und einen möglichst beständigen Bezugsrahmen zu bieten, wäre ein — teilweise bereits praktiziertes — Modell eine elegante Lösung, die Erziehungshilfegruppen mit Clearing (nach § 34 SBG VIII), „Jugendwohnen plus“-Gruppen bzw. eingestreute Plätze mit Fachleistungsstunden (nach § 13 Abs. 3 in Verbindung mit § 13 Abs.1 bzw. § 27 SGB VIII) sowie klassisches Jugendwohnen nach § 13.3 SGB VIII unter einem Dach verbindet. Hier bestehe eine große Chance für Jugendwohnheime, die den Betroffenen bis zum Ende ihrer Ausbildung eine kontinuierliche Betreuung und längerfristige Bleibe bieten könnten.
Eine Voraussetzung hierfür ist eine Stärkung des § 13 Absatz 1 bzw. § 27 SGB VIII für individuell mit der öffentlichen Jugendhilfe verhandelte Fachleistungsstunden, die je nach Grad der Selbstständigkeit in drei Stufen reduziert werden können. Eine weitere Bedingung ist die Anwendung des § 41 SGB VIII, der Hilfen für junge Volljährige. Wünschenswert wäre eine Koppelung der Kinder- und Jugendhilfeleistungen an den ersten qualifizierenden Berufsabschluss. Überdies sollte die Aufenthaltserlaubnis für mindestens zwei Jahre nach dem ersten Berufsabschluss ausgesprochen werden, um den Jugendlichen eine sichere Perspektive nach der Ankunft bieten zu können.
Die Instrumente sind bereits bekannt, jedoch hakt es bisher mancherorts noch an der Bewilligungspraxis der öffentlichen Jugendhilfeträger.
Die passende Betreuungsform für jeden
Zur Unterstützung der Einrichtungen, die junge Flüchtlinge aufnehmen, wird außerdem derzeit ein Kriterienkatalog entwickelt, der die individuelle Zuordnung der jungen Menschen zu der für sie passenden Betreuungsform erleichtern soll. Die Skalen zur Einschätzung helfen den bereits erworbenen Grad an Selbstständigkeit anhand verschiedener Fragen zu beurteilen und die verbliebenen Unterstützungsbedarfe aufzuspüren. Hierfür sollen die pädagogische Fachkraft und der/die Jugendliche miteinander ins Gespräch kommen, um auch ihre Einschätzungen abzugleichen.
Verena Wolf
Kontakt:
Das Projekt „Schnittstellen zwischen Jugendsozialarbeit und Hilfen zur Erziehung am Beispiel der Unterbringung und Begleitung junger Flüchtlinge“ bei IN VIA Bayern e. V. in München wird umgesetz im Auftrag der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS), in Kooperation mit dem Landesverband katholischer Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfen in Bayern e. V. (LVkE) und unter Federführung der Katholischen Jugendsozialarbeit (KJS) Bayern.
Verena Wolf, Referentin Jugendwohnen
IN VIA Bayern e. V. Kath. Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit
Maistraße 5, 80337 München
TEL 089/5126619–16, FAX 089/5126619–29
verena.wolf@invia-bayern.de
www.invia-bayern.de
www.invia-jugendwohnen.de
Nachtrag:
Den mittlerweile erschienen Kriterienkatalog “Schnittstellen zwischen Jugendsozialarbeit und Hilfen zur Erziehung am Beispiel der Unterbringung und Begleitung junger Flüchtlinge” können Sie hier downloaden.