Irgendwann muss jede*r einmal ein Bewerbungsverfahren durchlaufen. Alle müssen sich präsentieren und zeigen, dass sie genau der oder die richtige Kandidat*in für die Stelle sind. Was gilt es zu beachten? Wo sind die Fallstricke? Wo findet man Unterstützung?
Die Jugendberufshilfe „Pilot” in Hanau begleitet Jugendliche und junge Menschen bis zum 27. Lebensjahr auf ihrem Weg und in den Start in eine passende Ausbildung/Beruf. Aufgabe der Studierenden der TH Köln war es, eine neue Methode dafür zu entwickeln, wie Jugendliche für den Bewerbungsprozess sensibilisiert werden können.
Jugendberufshilfe mittels Medien?!
Die evangelische Fachstelle für Jugendberufshilfe „Pilot“ in Hanau entwickelt Konzepte und Methoden im Bereich der Jugendberufshilfe und setzt sich mit Fragen und Unsicherheiten der Klienten*innen rund um die Themen Schulabschluss, Praktika und Ausbildung auseinander. Der Schwerpunkt der Angebote liegt dabei auf der Beratung und Begleitung von Schüler*innen in Förder- und Hauptschulen (8. und 9. JG/Klassenstufe), Realschulabgangsklassen und Berufsfachschulklassen (10. und 11. Klasse). Außerdem werden weitere Beratungs- und Seminarangebote für junge Menschen in einem regionalen Jugendzentrum und einer Clearingstelle von „Pilot“ angeboten. Darüber hinaus finden ähnliche Angebote in der eigenen Jugendwerkstatt des Trägers statt.

Die Einrichtung hatte bis zu dem Startpunkt des Projekts mit der TH Köln nur wenige Ideen, wie sich digitale Medien in die Vermittlungsarbeit integrieren lassen. Das erklärte Ziel der Kooperationspartner*innen war es, auch mediale Informationsangebote zur Informationsübermittlung in ihren Seminaren anzubieten und diese auch online zur Verfügung stellen zu können, sodass diese über die Beratungs- und Seminarkontexte hinaus genutzt werden können.
Die Berufsfindung medial unterstützen
In dem Projekt sollte ein digitaler Weg gefunden werden, der einen niederschwelligen Einstieg in das Thema Berufsfindung bzw. Bewerbung ermöglicht, gleichzeitig aber auch eine Grundlage für tiefergreifendere Auseinandersetzung mit Thematiken der Ausbildungs- und Berufsfindung bietet. Darüber hinaus sollte das Angebot in verschiedenen Seminar- und Beratungskontexten vielfältig anwendbar sein. Anknüpfend an diese Vorgaben haben sich die Projektbeteiligten für die Erstellung eines humorvollen und lebensweltnahen Kurz-Videos entschieden, dass durch bildliche Darstellungen eines Positiv- und Negativbeispiels Informationen in dem spezifischen Themenbereich „Vorbereitung für ein Vorstellungsgespräch“ bieten soll und nahelegt. Um möglichst viele Adressat*innen anzusprechen und zu erreichen, wurde niedrigschwellig und auch unter Berücksichtigung von Sprachbarrieren ein Video gedreht, dessen Bedeutungsgehalt sich allein über die Handlungen im Film erschließt und inhaltlich an den Alltagswelten der Adressat*innen anknüpft.
Die Umsetzung des Videos
Zunächst haben die Studierenden im engen Austausch mit dem Kooperationspartner die Bedarfe und Ziele des Projektes ermittelt. Es entstand eine erste Ideensammlung innerhalb der Projektgruppe über mögliche Vermittlungsansätze, die sich an den Lebenswelten und Bedarfen der Adressat*innen orientieren sollten. In gemeinsamer Absprache mit den Kooperationspartner*innen fiel die Wahl dann auf die Gestaltung eines Videoclips. Im engen Austausch mit der Einrichtung „Pilot“ wurden erste Absprachen hinsichtlich konkreter Themenbereiche getroffen und gestaltungsspezifische Aspekte für die spätere Aufnahme des Videos festgelegt.
Als Inhalt des Videos wurde der Morgen vor dem Bewerbungsgespräch gewählt. In dem erstellten Video sind zwei potenzielle Bewerber*innen zu sehen, welche sich auf unterschiedliche Weisen auf das Bewerbungsgespräch vorbereiten. Bewerber Nr. 1 nimmt sich dazu zu wenig Zeit, und macht sich abgehetzt auf den Weg. Der Darsteller wählt ein sehr legeres und sportlich aussehendes Outfit und übertreibt überspitzt dargestellt, mit vielen Ketten, einer Sonnenbrille und einer großen Menge an Parfüm. Bewerberin Nr. 2 steht frühzeitig auf und wirkt sehr strukturiert und vorbereitet für das Bewerbungsgespräch. Ein bereits am Vortag gewähltes schlichtes Outfit hängt fertig am Kleiderschrank der Darstellerin und womöglich notwendige Unterlagen liegen ebenfalls vorbereitet in dem Zimmer.

Am Ende hat Bewerber Nr. 1 den Job nicht bekommen und beide Bewerber*innen stellen die Frage in den Raum, warum Bewerber Nr. 1 keine Jobzusage erhalten hat. Damit soll erwirkt werden, potenzielle Fehlerquellen zu finden und zu erläutern was eine Alternative für eine gelungene Vorbereitung für das Gespräch wäre. Nach der Fertigstellung des Drehbuchs, erfolgte der Dreh, der an zwei Tagen mit Studierenden als Darsteller*innen realisiert und geschnitten wurde.
Danach wurde das Material eigenständig geschnitten, mit tatkräftiger Unterstützung auch einer ausgebildeten Videoproduzentin. Für den Schnitt wurden zwei Tage angesetzt. Im Anschluss wurde dem Kooperationspartner die erste Rohversion des Videos vorgestellt. Um die Wirkung des Videos auf die Adressat*innen ermitteln zu können, wurden Fragen zum Video formuliert, die in einen bereits von der Einrichtung vorhandenen Fragenbogen integriert werden konnten. Nach Übermittlung des Videos erfolgte ein einmonatiger Probedurchlauf in verschiedenen Seminar- und Beratungskontexten. Bis zum Seminarende konnten die Reaktionen und Rückmeldungen der Adressat*innen auf das Video noch nicht erfasst werden. Das Feedback der Beschäftigten der Einrichtung war allerdings durchweg positiv; sie konnten es sich als eine gute Ergänzung für ihre Arbeit vorstellen.
Nachhaltigkeit als Fokus der Umsetzung
Das Ziel des Projektes, ein Vermittlungsinstrument zu wählen, das an den Alltagswelten bzw. Medienvorlieben der jungen Menschen anknüpft und flexibel zu jeder Zeit und in verschiedenen Kontexten der Jugendberufshilfe bedarfsorientiert einsetzbar ist, konnte erreicht werden. Mit dem Video lässt sich einfach, humorvoll und ohne pädagogischen Zeigefinger aufzeigen, worauf es u. a. beim Bewerbungsgespräch ankommt und wie man sich gut vorbereiten kann. Es eröffnet darüber hinaus einige Ansatzpunkte zu Diskussionen, z. B. darüber, was der oder die zukünftige Arbeitgeber*in im ersten Gespräch erfahren möchte und warum der „erste Eindruck“ entscheidend sein kann. Ebenso bietet es die Möglichkeit in einen gegenseitigen, gemeinsamen Austausch zu gehen, worauf der Fokus im kompletten Bewerbungsgespräch und ‑verfahren gelegt werden soll. Es bietet damit das Potenzial, von vielen verschiedenen Akteur*innen der Einrichtung langfristig und nachhaltig genutzt werden zu können.