„Schul­ab­sen­tismus begegnen – aber wie?!“ – Inter­view­reihe im Rahmen des Pro­jekts „Schule – ohne mich!?“

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„Schul­ab­sen­tismus begegnen – aber wie?!“ – Inter­view­reihe im Rahmen des Pro­jekts „Schule – ohne mich!?“

Die Zahl der Kinder und Jugend­lichen, die der Schule fern­bleiben, ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Aktuelle Studien zeigen, dass es sich bei Schul­ab­sen­tismus um ein viel­schich­tiges Phä­nomen handelt, das durch eine Vielzahl unter­schied­licher, teils mit­ein­ander ver­knüpfter Fak­toren bedingt und auf­recht­erhalten wird. Sowohl im Bil­dungs­be­reich als auch in der Sozialen Arbeit, vor allem in der schul­be­zo­genen Jugend­so­zi­al­arbeit und Schul­so­zi­al­arbeit, exis­tiert eine Vielzahl an bewährten Kon­zepten und Bei­spielen zum Umgang mit Schul­ab­sen­tismus – jedoch nicht flä­chen­de­ckend an allen Schulen. Aller­dings fehlt ein Über­blick an eben jenen guten Bei­spielen und Ange­boten als Ori­en­tierung in der Prä­vention von und Inter­vention bei Schulabsentismus.

Die Inter­view­reihe „Schul­ab­sen­tismus begegnen – aber wie?!“ möchte dem ent­ge­gen­wirken: monatlich wird ein aus­ge­wähltes Pra­xis­bei­spiel aus der Jugend­so­zi­al­arbeit vor­ge­stellt. Im Mit­tel­punkt stehen dabei Pro­jekte und Maß­nahmen, die junge Men­schen indi­vi­duell begleiten und sie darin unter­stützen, ihren Weg zurück ins Bil­dungs­system oder ggf. einen alter­na­tiven Bil­dungsweg zu finden – mit dem Ziel, ihnen gesell­schaft­liche Teilhabe (wieder) zu ermög­lichen. Fach­kräfte der ein­zelnen Angebote geben Ein­blick in ihre Arbeit und zeigen Her­aus­for­de­rungen sowie die aus ihrer Sicht maß­geb­lichen Gelin­gens­be­din­gungen auf. Die Gesprächspartner*innen sind Teil­neh­mende des Pro­jektes „Schule – ohne mich!? Neue Ent­wick­lungen und Hand­lungs­an­for­de­rungen bei Schul­ab­sen­tismus“ von IN VIA Deutschland im Netzwerk der Bun­des­ar­beits­ge­mein­schaft Katho­lische Jugendsozialarbeit.

Für diese Ausgabe der Inter­view­reihe sprach Anne Schentz vom Schul­verein Wir­belwind e. V. aus Rostock mit den Jugend­so­zi­al­arbeit News.

Wie zeigt sich das Phä­nomen Schul­ab­sen­tismus in Ihrer Region?
Anne Schentz: In Rostock beob­achten wir Schul­ab­sen­tismus in sehr unter­schied­lichen Aus­prä­gungen – von wie­der­holtem unent­schul­digtem Fehlen über stark exter­na­li­sierte oder inter­na­li­sierte Ver­hal­tens­weisen bis hin zu län­ger­fris­tigem Rückzug aus dem Schul­system. Die Gründe sind viel­fältig und reichen von fami­liären Belas­tungen, psy­chi­schen Her­aus­for­de­rungen, oder Schul­angst bis hin zu struk­tu­rellen Pro­blemen im Bil­dungs­system. Besonders auf­fällig ist, dass Schul­ab­sen­tismus häufig ein schlei­chender Prozess ist, der früh­zeitig erkannt und begleitet werden muss.

Wo setzt Ihr Projekt bzw. Ihr Angebot an?
Anne Schentz: Der Schul­verein Wir­belwind e. V. ver­folgt einen ganz­heit­lichen Ansatz. Unsere Angebote setzen sowohl prä­ventiv als auch inter­ve­nierend an. In enger Koope­ration mit Schulen, Kinder- und Jugend­hilfe und Familien bieten wir sozi­al­päd­ago­gische Begleitung, Ein­zel­fall­hilfe und Grup­pen­an­gebote an. Ziel ist es, trag­fähige Bezie­hungen auf­zu­bauen, indi­vi­duelle Lösungen zu ent­wi­ckeln und die schu­lische (Re-)Integration zu fördern. Dabei arbeiten wir eng mit allen Fach­kräften im Schul­system zusammen und gestalten gemeinsam pass­genaue Unterstützungsangebote.

Was gelingt aus Ihrer Sicht besonders gut?
Anne Schentz: Besonders erfolg­reich gelingen Pro­zesse, wenn eine enge, koope­rative und inter­dis­zi­plinäre Zusam­men­arbeit besteht. Durch die kon­ti­nu­ier­liche Abstimmung aller am Fall Betei­ligten können wir gemeinsam Hand­lungs­per­spek­tiven ent­wi­ckeln. Unsere Bezie­hungs­arbeit, die auf Ver­trauen, Ver­läss­lichkeit, Stär­ken­ori­en­tierung und indi­vi­du­eller För­derung basiert, wird von den Schüler*innen und/​oder Per­so­nen­sor­ge­be­rech­tigten häufig als sta­bi­li­sierend erlebt. Auch die Fle­xi­bi­lität unserer Angebote – von nied­rig­schwel­ligen Kon­takt­auf­nahmen bis hin zu inten­siver Begleitung – trägt wesentlich zum Gelingen bei.

Welche Her­aus­for­de­rungen zeigen sich?
Anne Schentz: Eine zen­trale Her­aus­for­derung ist die Kom­ple­xität der Lebens­lagen der betrof­fenen Schüler*innen. Oft sind mehrere Pro­blem­lagen gleich­zeitig wirksam, was eine enge Ver­netzung aller betei­ligten Akteure erfordert. Zudem stoßen wir immer wieder an sys­te­mische Grenzen – etwa durch feh­lende per­so­nelle, finan­zielle und zum Teil auch mate­rielle Res­sourcen. Diese Eng­pässe erschweren eine kon­ti­nu­ier­liche und bedarfs­ge­rechte Begleitung. Auch lange War­te­zeiten in the­ra­peu­ti­schen Bereichen sowie begrenzte Hand­lungs­spiel­räume stellen eine Belastung dar. Die nach­haltige Reinte­gration in den Schul­alltag bleibt eine anspruchs­volle Aufgabe, die viel Geduld, Zeit und eine res­sour­cen­ori­en­tierte Vor­ge­hens­weise erfordert.

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