Mentale Gesundheit im Schull­alltag – Aktuelle Video­kam­pagne der BAG KJS rückt die Arbeit der Mental Health Coaches in den Mittelpunkt

Videokampagne MHC

Mentale Gesundheit im Schull­alltag – Aktuelle Video­kam­pagne der BAG KJS rückt die Arbeit der Mental Health Coaches in den Mittelpunkt

Stimmen aus Wis­sen­schaft, Praxis und Schü­ler­schaft machen deutlich, welchen Beitrag die Mental Health Coaches im Schul­alltag leisten – und weshalb feste Struk­turen und Ansprech­per­sonen für mentale Gesundheit unver­zichtbar sind.

Wie geht es jungen Men­schen heute – und was brauchen sie, damit Schule ein Ort wird, der sie stärkt, statt zusätzlich zu belasten? Die Video­kam­pagne zum Modell­pro­gramm „Mental Health Coaches“(MHC) nimmt diese Fragen auf und knüpft an den Fachtag „Mental Health wei­ter­denken – Was junge Men­schen stärkt“ an, der Mitte Oktober 2025 in Berlin statt­ge­funden hat. In kurzen Clips kommen Wis­sen­schaft, Mental Health Coaches, Pro­gramm­ko­or­di­nation und die Bun­des­schü­ler­kon­ferenz zu Wort und machen sichtbar, welche Belas­tungen den Alltag von Schüler*innen prägen, welche Unter­stützung sie sich wün­schen, welchen Beitrag das Pro­gramm im Schul­alltag leistet — und warum seine Fort­führung für viele Schulen so wichtig ist.

Die fünf Video­clips wurden im Laufe der ver­gan­genen ein­einhalb Wochen auf den Social-​Media-​Kanälen der BAG KJS ver­öf­fent­licht. Sie knüpfen an die Akti­vi­täten im Oktober rund um den Welttag der men­talen Gesundheit und die Akti­ons­woche See­lische Gesundheit an und setzen somit die Debatte über mentale Gesundheit junger Men­schen kon­se­quent fort.

Wis­sen­schaft­liche Per­spektive: Bedeutung nied­rig­schwel­liger Angebote

Prof. Dr. Claudia Calvano, Pro­fes­sorin für kli­nische Kinder- und Jugend­psy­cho­logie und Lei­terin der Psy­cho­the­ra­peu­ti­schen Hoch­schul­am­bulanz für Kinder und Jugend­liche der Freien Uni­ver­sität Berlin ordnet die Rolle der Mental Health Coaches aus fach­licher Sicht ein. Sie macht deutlich, dass es in Deutschland erstmals – wenn auch noch nicht flä­chen­de­ckend – ein sys­te­ma­ti­sches Angebot zur psy­chi­schen Gesundheit direkt an Schulen gibt. An vielen Pilot­stand­orten seien damit Anlauf­stellen ent­standen, an die sich belastete Kinder und Jugend­liche im Schul­alltag wenden können. Der in den ver­gan­genen Jahren immer lauter gewordene Ruf nach Unter­stüt­zungs­an­ge­boten im System Schule findet damit eine kon­krete Antwort. Ent­scheidend ist für Calvano, dass es sich um nied­rig­schwellige Angebote handelt, „die für alle erreichbar sind“ und bei denen je nach Bedarf geschaut werden kann, welche Form von Hilfe nötig ist. Die Video­kam­pagne macht so sichtbar, dass Mental Health Coaches ein wich­tiges Element in einer prä­ven­tiven Ver­sor­gungs­struktur sind.

Stimme der Schü­ler­schaft: Mehr Ansprech­per­sonen und klare Konzepte

Stell­ver­tretend für die Sicht der Schüler*innen kommt Quentin Gärtner, Gene­ral­se­kretär der Bun­des­schü­ler­kon­ferenz, zu Wort. Er fordert eine Schul­kultur, in der mentale Gesundheit aktiv the­ma­ti­siert wird und feste Ansprech­per­sonen jen­seits des Unter­richts struk­turell ver­ankert sind. Dazu zählen für ihn Schulsozialarbeiter*innen, Schulpsycholog*innen und Mental Health Coaches, die vor Ort sind, wenn es jungen Men­schen nicht gut geht.

Gärtner betont, dass psy­chische Belas­tungen nur dann auf­ge­fangen werden können, wenn sichtbar wird, wie es Jugend­lichen tat­sächlich geht. Ohne klare Kon­zepte, ver­läss­liche Anlauf­stellen und Räume, in denen offen über Themen wie Depression, Mobbing oder Ein­samkeit gesprochen werden kann, bestehe die Gefahr, „dass wir die Leute nur ver­lieren“ – daher fordert Gärtner, dass junge Men­schen die Hilfe erhalten, die sie benö­tigen. Mit Blick auf die Kam­pagne „Uns geht’s gut?“ der Bun­des­schü­ler­kon­ferenz ver­weist er auf alar­mie­rende Zahlen: Mehr als jede*r vierte Schüler*in beschreibt die eigene Lebens­qua­lität als gering. Aus seiner Sicht macht dies deutlich, dass die Krise der psy­chi­schen Gesundheit von Kindern und Jugend­lichen poli­tische Kon­se­quenzen haben muss und wirksame Maß­nahmen erfor­derlich sind.

Arbeit der bun­des­weiten Fach­kräfte: Unter­stützung im Schul­alltag — und darüber hinaus

Die beiden Video­clips mit den Mental Health Coaches, den Fach­kräften vor Ort, ver­deut­lichen, wie das Pro­gramm im Schul­alltag greift. Die Mental Health Coaches ver­stehen sich als Teil mul­ti­pro­fes­sio­neller Teams und erweitern den Blick der Schulen kon­se­quent um das Thema mentale Gesundheit. Sie betonen, dass es nach wie vor in der Gesell­schaft zu wenig nied­rig­schwellige Angebote gibt – ein beson­derer Vorteil des Pro­gramms ist daher, dass es direkt im Setting Schule ansetzt, wo alle Schüler*innen erreicht werden können.

Die Fach­kräfte im Pro­gramm erläutern ihr kon­kretes Vor­gehen. Als nied­rig­schwellige Anlauf­stelle sprechen sie mit Jugend­lichen über ihre Ängste, und Sorgen und tragen dazu bei, das Reden über Gefühle zu ent­stig­ma­ti­sieren. Darauf auf­bauend holen sie die Sicht der Lehr­kräfte auf die Klasse ein und ent­wi­ckeln bedarfs­ori­en­tierte Grup­pen­an­gebote, in denen es darum geht, ins Gespräch zu kommen, gemeinsam Stra­tegien im Umgang mit Belas­tungen und Stress zu erar­beiten und Erfah­rungen mit­ein­ander zu teilen.

Ergänzend dazu binden die Mental Health Coaches wei­teres Fach­per­sonal ein, zum Bei­spiel Achtsamkeitstrainer*innen. Diese unter­stützen die Schüler*innen dabei, eigene Bewäl­ti­gungs­stra­tegien zu ent­wi­ckeln und im Alltag anzu­wenden. So werden Schulen Schritt für Schritt zu Lern­orten, in denen nicht nur fach­liche, sondern auch emo­tionale Kom­pe­tenzen gestärkt werden.

Pro­gramm­ko­or­di­nation: Ruf nach ver­läss­lichen Strukturen

Im Hin­blick auf die Wirkung des Pro­gramms aus wis­sen­schaft­licher Sicht zieht Özlem Tokyay, Pro­gramm­ko­or­di­nation des MHC-​Programms bei der BAG KJS ein Resümee. Aus ihrer Sicht ist besonders bedeutsam, dass junge Men­schen die Angebote der Mental Health Coaches sehr gut annehmen. Viele Schüler*innen suchten bewusst die Räume auf, in denen sie über Belas­tungen und Sorgen sprechen können. Auf diese Weise seien die Coaches an vielen Stand­orten zu ver­trauten Bezugs­per­sonen geworden.

Für Tokyay zeigt dies, dass nied­rig­schwellige Zugänge im Setting Schule funk­tio­nieren und mentale Gesundheit genau dort ver­ankert sein sollte. Gleich­zeitig macht sie auf den hohen Bedarf auf­merksam: Rund 80 Prozent der Schulen, die bisher nicht am Pro­gramm beteiligt sind, wün­schen sich eben­falls eine*n Mental Health Coach*in. Damit rückt die Frage nach ver­läss­lichen Struk­turen in den Vor­der­grund – Struk­turen, „die Kon­ti­nuität ver­sprechen und auf die sich junge Men­schen ver­lassen können“ so Tokyay.

Die Video­kam­pagne ver­weist zudem auf die fach­liche Grundlage des Pro­gramms: Die enge Ver­netzung von Wis­sen­schaft und Praxis, ein bun­des­weites Netzwerk zu Wissenschaftler*innen und Hil­fe­st­ruk­turen sowie die kon­ti­nu­ier­liche Qua­li­fi­zierung der Fach­kräfte sorgen dafür, dass Erfah­rungen aus­ge­wertet und ziel­grup­pen­ori­en­tiert wei­ter­ge­geben werden.

Die bun­des­weite Anbindung des Pro­gramms fördert so den Wis­sens­transfer und trägt zu einer nach­hal­tigen Wirkung bei.

Deutlich wird durch die Videos somit, wie Mental Health Coaches dazu bei­tragen, auf die viel­fäl­tigen Belas­tungen junger Men­schen zu reagieren und nied­rig­schwellige Unter­stützung im Alltag bereit­zu­stellen. Ent­scheidend wird nun sein, ihre Arbeit in ver­läss­liche Struk­turen zu ver­ankern – für eine Zukunft, in der mentale Gesundheit selbst­ver­ständlich zum Auf­wachsen von Kindern und Jugend­lichen gehört.

Autorin: Ilka Bähr

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