Erfah­rungen aus dem afa-​Kooperationskreis in Berlin vom 12.–14.06.2018

Foto_Kooperationskreis_Bull-Bischoff

Erfah­rungen aus dem afa-​Kooperationskreis in Berlin vom 12.–14.06.2018

Der afa-​Kooperationskreis wird von Trägern und Mul­ti­pli­ka­toren in viel­fäl­tiger Weise für einen Erfah­rungs­aus­tausch genutzt und um, fach­po­li­tische Gespräche mit den Frak­tionen im Deut­schen Bun­destag zu führen. Dem Koope­ra­ti­ons­kreis gehören Vertreter*innen und Ver­ant­wort­liche aus Ein­rich­tungen der Jugend­be­rufs­hilfe an, die im Umfeld kirch­licher Jugend­arbeit ihre Arbeit leisten bzw. in diesem ent­standen sind. Neben den BDKJ-​nahen Ein­rich­tungen gehören hierzu auch Ein­rich­tungen aus Fach­ver­bänden des Cari­tas­ver­bandes, Kolping-​Bildungsunternehmen sowie weitere katho­lische Träger.Schwerpunkt waren bei dem afa-​Kooperationskreis im Juni die fach­po­li­ti­schen Gespräche. Diese wurden geführt mit Beate Müller-​Gemmecke (Bündnis 90/​Die Grünen), Pascal Kober (FDP) und Birke Bull-​Bischoff (Die Linke). Ein Gespräch mit Stephan Stracke, (CDU/​CSU) findet im Sep­tember statt.Im Vor­der­grund des Aus­tau­sches und der poli­ti­schen Gespräche standen die Pläne der Regierung, die die Inte­gration aller Jugend­lichen in Aus­bildung und Arbeit betreffen Außerdem die Inte­gration Lang­zeit­ar­beits­loser in Beschäf­tigung. Dem Koope­ra­ti­ons­kreis lag der Entwurf des Gesetzes vor, wie die soziale Teilhabe durch geför­derte Beschäf­tigung Lang­zeit­ar­beits­loser gesi­chert werden soll.

Hierzu sollen im § 16i SGB II, bis zu 150.000 Lang­zeit­ar­beitslose in eine geför­derte Beschäf­tigung inte­griert werden. Die För­derung soll degressiv zwi­schen 100% und 70% liegen. Beschäf­ti­gungs­be­gleitung und auf­su­chende Akquise sollen möglich sein. Die hierfür zur Ver­fügung ste­henden 4 Mil­li­arden Euro sollen im Ein­glie­de­rungs­titel bereit­ge­stellt werden. Aller­dings könnten hiervon 1 Mil­liarde Euro zur Deckung des Defizits bei den Ver­wal­tungs­kosten der Grund­si­che­rungs­träger genutzt werden. Zur Inte­gration Geflüch­teter soll auch der § 16e geöffnet werden, in dem 2 Jahre lang die Beschäf­tigung durch Lohn­kos­ten­zu­schüsse und 75 % bzw. 50 % gefördert werden kann.

In den Gesprächen mit Oppositionspolitiker*innen wurde deutlich, dass es begrü­ßenswert erscheint, das Thema des sozialen Arbeits­marktes ange­gangen zu sein. Es bestehen jedoch Zweifel, ob der Ansatz nicht zu kurz gegriffen ist. Die Bun­des­re­gierung hat sehr wahr­scheinlich nicht aus­rei­chend Geld zur Ver­fügung gestellt um tat­sächlich die Inte­gration von 150.000 Arbeiternehmer*innen fördern zu können. Hierzu bedürfte es des Passiv/​Aktiv Transfers, der im Gesetz­entwurf aber nicht inte­griert ist. Dies scheint vor allen Dingen eine stra­te­gische Frage zu sein, da ver­mieden werden soll, die Länder im Rahmen des Gesetz­ge­bungs­ver­fahrens über den Bun­desrat ein­be­ziehen zu müssen. Die Teilnehmer*innen des Koope­ra­ti­ons­kreises machten in den Gesprächen deutlich, dass es eine kleinere Ziel­gruppe von unter 25-​Jährigen gibt, die (noch) keine Aus­sicht auf Inte­gration in Qua­li­fi­zierung und Aus­bildung haben und zur Inte­gration in Arbeit einer län­geren, mög­li­cher­weise dau­er­haften För­derung einer Beschäf­tigung bedürfen. Es ist wichtig für diese begrenzte Ziel­gruppe, dass Instrument der geför­derten Beschäf­tigung, welches geschaffen wird, offen zu halten.

Die Angebote der Agen­turen und Job­center richten sich nicht an Geflüchtete, deren Ver­fahren erfolglos beendet ist und die im Rahmen einer Duldung in Deutschland weiter ver­bleiben. Die Situation in den Unter­künften ver­schlechtert sich dadurch, dass diesen Men­schen nicht die Mög­lichkeit gegeben ist, sich mit sinn­voller Tätigkeit ein­zu­bringen und so einen gesell­schaft­lichen Beitrag zu leisten. Gerade für diese Men­schen müssen Mög­lich­keiten von Qua­li­fi­zierung und geför­derter Beschäf­tigung geschaffen werden, die ihren Alltag struk­tu­rieren und so zu einer Ent­spannung in den Flücht­lings­un­ter­künften beitragen.

Bezüglich der Maß­nahmen SGB III, SGB II wurde deutlich, dass es noch einige Bau­stellen gibt:

  • Die 2‑jährige Ver­län­gerung der assis­tierten Aus­bildung wird als ein Schritt in die richtige Richtung bewertet. Hier bedarf es einer Ver­ste­tigung und eines Ausbaus des Instruments.
  • Die Berufs­aus­bildung in außer­be­trieb­lichen Ein­rich­tungen ist für ein Teil der Ziel­gruppe der Jugend­so­zi­al­arbeit in beiden Vari­anten ein not­wen­diges Instrument, das für ihre Inte­gration in Qua­li­fi­zierung und Aus­bildung uner­lässlich ist.
  • Die meisten Bun­des­länder wollen nicht die Kofi­nan­zierung der Berufs­ein­stiegs­be­gleitung ab dem nächsten Jahr über­nehmen. Um dieses Instrument zu erhalten, ist zu prüfen, inwieweit die Kofi­nan­zierung nicht weiter aus Bun­des­mitteln oder dem Bundes ESF bestritten werden kann.Der §16 h SGB II als Instrument eines nie­der­schwel­ligen Zugangs für sys­tem­ferne Jugend­liche, wird sehr unter­schiedlich genutzt. Es wurde von einigen gelun­genen Pro­jekten berichtet. Es wurde aber auch deutlich, dass in zahl­reichen Job­centern der § 16h nicht genutzt wird. Bei den Geschäftsführ*innen der Job­center besteht Unsi­cherheit. Viele Job­center scheuen mög­liche Ver­merke des Bun­des­rech­nungs­hofes oder anderer Prüfinstanzen.
  • Die Aus­bil­dungs­platz­si­tuation hat sich ins­gesamt auf einem guten Niveau gehalten. Aller­dings pro­fi­tieren Jugend­liche aus der Ziel­gruppe der Jugend­so­zi­al­arbeit nicht aus­rei­chend von dieser Situation. Ihre Inte­gration in Aus­bildung ist wei­terhin schwierig und gelingt häufig nicht. Hier gilt es Instru­mente nach­zu­schärfen und weitere Anstren­gungen zu unter­nehmen, um die Situation zu ver­bessern und die Rolle der Träger der Jugend­so­zi­al­arbeit in diesen ganzen Ver­fahren in der rich­tigen Art und Weise in die Planung zu integrieren.
  • Mög­liche Ände­rungen des Berufs­bil­dungs­ge­setzes werden die Ziel­gruppe der Jugend­so­zi­al­arbeit betreffen und müssen begleitet werden. Die Min­dest­aus­bil­dungs­ver­gütung kann in einigen Berufen die Situation für die Aus­zu­bil­denden ent­spannen, zu prüfen ist, ob sie auch bei schu­li­schen Berufs­aus­bil­dungen und Ange­boten außer­be­trieb­licher Aus­bildung nach dem SGB III und SGB II Gül­tigkeit haben sollen.
  • Ins­be­sondere z.B. in der Gas­tro­nomie zeigt sich, dass Betriebe mit der Aus­bildung über­fordert sind und es unbü­ro­kra­ti­scher Hilfen für Betriebe bedarf. Die Aus­bildung Benach­tei­ligter braucht fle­xi­blere Instru­mente, die die Jugend­lichen und die Betriebe unter­stützen. In der außer­be­trieb­lichen Aus­bildung braucht es eine stärkere Inten­sität der Betriebs­kon­takte, auch wenn hiermit nicht viel mehr Über­nahmen in betrieb­liche Aus­bildung rea­li­sierbar sind.
  • Der Koali­ti­ons­vertrag geht davon aus, dass Jugend­be­rufs­agen­turen flä­chen­de­ckend exis­tieren. Im Aus­tausch wird deutlich, dass Jugend­be­rufs­agen­turen in sehr unter­schied­lichen Formen mit unter­schied­licher Inten­sität der Zusam­men­arbeit und unter­schied­licher Wirk­samkeit arbeiten. Die poli­ti­schen Gesprächspart*innen sind sehr inter­es­siert an Positiv- und Nega­tiv­bei­spielen, um diese in der poli­ti­schen Arbeit nutzen zu können.
  • Deutlich wird, dass mit Spannung auf die neue ESF-​Förderphase geblickt wird. In vielen Bun­des­ländern geht es darum, gute Ansätze in Jugend­pro­grammen zu erhalten und die Res­sourcen hierfür wei­terhin zu nutzen.

Autor: Ludger Urbic, Referat für Jugend­so­zi­al­arbeit in der BDKJ-​Bundesstelle e.V.

Bild: Büro Birke Bull-Bischoff

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